Erfahrungen in Partnerschaften und das Selbstwertgefühl beeinflussen sich gegenseitig. Das ist das zentrale Ergebnis einer Studie von Psychologen der Universität Bern.

Das Selbstwertgefühl steigt typischerweise im jungen und mittleren Erwachsenenalter an, bevor es seinen Höhepunkt im Alter von etwa 50 bis 60 Jahren erreicht. Unklar war bisher jedoch, welche Ereignisse dazu führen, dass manche Menschen besonders positive Veränderungen in ihrem Selbstwertgefühl erleben, während bei anderen die Entwicklung weniger positiv verläuft. Psychologen der Universität Bern beleuchteten nun den Einfluss von Beziehungen auf den Selbstwert einer Person. Zu diesem Zweck befragten sie insgesamt 9.069 Personen im Alter von 15 bis 37 Jahren viermal innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren.

Beziehungserfahrungen beeinflussen Selbstwertgefühl

Es zeigte sich, dass sowohl der Beginn einer Partnerschaft als auch eine Trennung das Selbstwertgefühl der Befragten beeinflusste. Studienteilnehmer, die eine neue Partnerschaft begannen, zeigten einen deutlichen Anstieg im Selbstwertgefühl, wenn die Beziehung mindestens ein Jahr lang andauerte. Im Gegensatz dazu veränderte eine kurze Partnerschaft von geringer Beziehungsqualität das Selbstwertgefühl nicht. Auch das Ende einer Beziehung hatte keine langfristigen Auswirkungen: Trennungen führten nur zu einer vorübergehenden Verringerung des Selbstwerts. Typischerweise hatte sich das Selbstwertgefühl bereits ein Jahr nach der Trennung wieder erholt.

Selbstwertgefühl beeinflusst die Zukunft einer Partnerschaft

Das Selbstwertgefühl hatte jedoch auch Einfluss auf das Gelingen und Scheitern von Partnerschaften. So gingen Singles, die zu Beginn der Studie ein hohes Selbstwertgefühl hatten, mit größerer Wahrscheinlichkeit eine Beziehung ein. Und bei Studienteilnehmern, die in einer Partnerschaft waren, kam es häufiger zu Unzufriedenheit mit der Beziehung, zu Konflikten und zur Trennung, wenn sie zu Beginn der Studie von einem niedrigen Selbstwertgefühl berichteten.
Frühere Studien der Arbeitsgruppe hatten zudem gezeigt, dass Personen mit niedrigem Selbstwertgefühl beispielsweise dazu neigen, in übertriebener Art und Weise Bestätigung beim Partner zu suchen, oder sich in schwierigen Situationen zu sehr oder vorschnell vom Partner zurückzuziehen, was die Beziehungszufriedenheit des Partners verringert. Personen mit hohem Selbstwertgefühl hingegen haben häufig bessere Fähigkeiten, ihren Partner emotional zu unterstützen und so die Partnerschaft zu stärken.

Keine Effekte für Heirat

In der Studie fand sich kein Zusammenhang zwischen einer Heirat und dem Selbstwertgefühl: Waren Studienteilnehmer bereits in einer Partnerschaft und heirateten, zeigten sich keine Veränderungen im Selbstwertgefühl. Umgekehrt hatte das Selbstwertgefühl auch keinen Einfluss darauf, ob Personen heirateten oder ohne Trauschein mit einem Partner zusammenlebten. Die Forschenden vermuten, dass diese Befunde auf die in unserem Kulturkreis verringerte gesellschaftliche Bedeutung der Ehe zurückzuführen sind. Für das Selbstwertgefühl scheine die Erfahrung des Beginns einer Partnerschaft weitaus wichtiger zu sein als die formale und rechtliche Anerkennung dieser Beziehung durch Heirat.

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